de en es pt

Endlich: Daimler Chrysler initiiert Untersuchungskommission zur Verwicklung der Firma in Menschenrechtsverbrechen während der argentinischen Militärdiktatur

Pressemitteilung der Koalition gegen Straflosigkeit

 

28. 10. 2002

Die Koalition gegen Straflosigkeit begrüßt ausdrücklich die Einrichtung einer Untersuchungskommission durch den deutschen Weltkonzern Daimler Chrysler.

Sie soll die Verwicklung von Mercedes Benz in Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur gegen aktive Gewerkschafter untersuchen. Mit Prof. Christian Tomuschat, früher Leiter der Wahrheitskommission in Guatemala, konnte ein hochqualifizierter und erfahrener Vorsitzender der Untersuchungskommission gewonnen werden.

Zur Vorgeschichte: 14 Mitglieder des Betriebsrats der Mercedes Benz-Niederlassung in González Catán (Provinz Buenos Aires) waren 1976/77 verschleppt worden, und es gibt Indizien dafür, daß Firmenmitarbeiter dies nicht nur wußten und begrüßten, sondern auch aktive Mithilfe leisteten.

Einer der drei überlebenden Betriebsräte beschuldigt den Niederlassungsleiter Juan Tasselkraut, in seinem Beisein die Adresse eines andern Betriebsrates an ein Militärkommando übergeben zu haben. Dieser wurde noch in der darauffolgenden Nacht entführt und ist bis heute "verschwunden". Der beschuldigte Niederlassungsleiter war noch bis Dez. 2001 bei der Firma beschäftigt. Gegen Juan Tasselkraut ist auf Initiative des "Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein" und der "Koalition gegen Straflosigkeit" seit 1999 ein Strafverfahren in Nürnberg-Fürth anhängig, wo auch die Fälle der in Argentinien "verschwundenen" Deutschen und deutschstämmigen ArgentinierInnen untersucht werden.

Die Arbeiterschaft und v.a. die aktiven Gewerkschafter waren die Gruppe, die von der Militärdiktatur am härtesten verfolgt wurde. Arbeiter ausländischer Unternehmen machten dabei keine Ausnahme. Sowohl internationale Gewerkschafter als auch die beteiligten Unternehmen haben damals und bis heute wenig unternommen, um die Verbrechen an den Gewerkschaftern aufzuklären.

Um so bemerkenswerter ist daher die Initiative aus dem Gesamtbeirat von Daimler Chrysler, die nun von der Firmenleitung übernommen wurde : Die Firma will jetzt nach über 25 Jahren durch eine unabhängige Untersuchungskommission ihre Verantwortung für das "Verschwinden" ihrer Betriebsräte klären lassen, sowie auch ihre Verwicklung in die Verbrechen der Militärdiktatur überhaupt.

Trotzdem bleibt unverständlich, warum es so lange gedauert hat, bis die Firma sich darauf einließ, den Fall der 14 verschwundenen Gewerkschafter zu untersuchen, und warum sie den Niederlassungsleiter von Gonzalez Catán, Juan Tasselkraut, trotz aller Beschuldigungen weiter beschäftigte. Bereits vor drei Jahren, im Herbst 1999, wurde der Fall durch die Recherchen der Journalistin Gaby Weber bekannt. (Gaby Weber: Die Verschwundenen von Mercedes Benz, Verlag Assoziation A, Hamburg 2001).

"Wenn Prof. Tomuschat die Untersuchungskommission leitet, haben wir Vertrauen, daß es nicht nur eine reine Alibiveranstaltung wird," so die Sprecherin der "Koalition gegen Straflosigkeit", Dr. Angelika Denzler. "Wir hoffen auch, dass der deutsche Weltkonzern die Größe hat, den Mitgliedern der Kommission alle schriftlichen Unterlagen, die diese benötigen, zur Verfügung zu stellen und allen Zeugen aus dem Bereich des Konzerns die ausdrückliche Erlaubnis zu geben, mit den Mitgliedern der Kommission zu sprechen. Wir möchten an dieser Stelle auch den sehr zahlreichen Teilnehmern unserer Postkartenaktion danken, die von Daimler die Einsetzung der Kommission gefordert hatten.”

"Die "Koalition gegen Straflosigkeit" hat immer wieder betont, dass die westlichen Regierungen und vor allem die westlichen Konzerne die Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur möglich gemacht haben - teils durch aktive Unterstützung, teils durch passives Hinnehmen so, Esteban Cuya, Koordinator der Koalition. Auch die deutsche Regierung hat sich damals mehr für Handelsbeziehungen mit den argentinischen Militärs engagiert als für das Leben ihrer in Argentinien "verschwundenen" Staatsbürger. Die aktuelle Bundesregierung unterstützt inzwischen sehr engagiert die Ermittlungen in diesen Fällen. Trotzdem halten wir es für zwingend notwendig, daß die Bundesregierung dem Beispiel der Daimler-Untersuchungskommission folgt, und das Verhalten der damaligen

Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes in vergleichbarer Weise aufarbeitet."


Ansprechpartner/Innen zu dieser Presseinformation:

Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, Berlin, Tel: 030 444 9536

Dr. Angelika Denzler, Sprecherin der Koalition: Tel: 07041 941035

Ansprechpartner in Tübingen: Walter Schwenninger Tel: 07071 51060


Kampagnenkoordinator: Esteban Cuya, Tel.: 0911 230 55 50 Fax: 230-5551


Umfangreiche Information zur Koalition gegen Straflosigkeit im Internet:

Homepage: www.menschenrechte.org/Koalition.htm